Zehn Tage Italien liegen hinter uns und vielleicht ist es am besten, gleich mit dem Fazit anzufangen. Denn nach so einem Urlaub an der für ihre überwiegend deutschen Touristen-Massen berühmten Adria-Küste stellt sich nun mal die brennende Frage: Wie war’s? Die Antwort lautet „wunderschön“ und sie überrascht mich selbst am allermeisten.
Schließlich war ich derjenige gewesen, der im Vorfeld der Reise viele Bedenken an den Tag gelegt hatte. Neun Tage Cesenatico, neun Tage in einem der gesichtslosen, von Touristen überlaufenden Adria-Orte, Tag für Tag auf einer der zigtausend Liegen am Strand vor einem Meer liegen, das ohne Wellengang eher einer Badewanne ähnelt. Das klang für mich eher wie blanker Horror als nach erholsamen freien Tagen. Erinnerungen an viele Urlaube mit den Eltern wurden wach und daran, dass man sich geschworen hatte, selbst nie hierhin zurückzukehren. Teutonen-Grill – ohne mich.
Doch jetzt mit Kind und einer schwangeren Frau, die nicht fliegen darf, hatten sich die Umstände geändert. Ich war zurück, wenn auch südlicher als damals, als wir meist in Caorle die Pfingstferien verbrachten. Gut sieben Stunden dauerte die Fahrt über den Brenner und die in der angebrochenen Nachsaison relativ freien italienischen Autobahnen.
Unser Ziel, das Hotel Riz, lag direkt in Cesenatico an der Küstenstraße. Rund 150 Meter trennten es von der Uferpromenade und dem Strand. Anja hatte das Hotel im Internet gefunden, das dort für seine Kinderfreundlichkeit gelobt wurde und auch sonst in den Bewertungen sehr gut wegkam. Tatsächlich entpuppte sich das Riz als Glücksgriff.
Von der Chefin bis zu den Reinigungskräften war das ganze Personal freundlich und immer um das Wohlergehen der Gäste bemüht. Wir bekamen ein Zimmer im vierten Stock mit kleinem Balkon, obwohl wir eines ohne diesen kleinen Luxus bestellt hatten. Es war sehr sauber und ausreichend groß. Nur das Bad bot nicht viel Platz, verfügte aber immerhin über ein Fenster. Da wir um die Mittagszeit ankamen, wurden wir gefragt, ob wir uns gleich am Buffet stärken wollten. Wir lehnten dankend ab, da wir Proviant im Auto dabei hatten. Hätten wir gewusst, wie gut die Verpflegung ist, wir hätten uns wohl anders entschieden.
Für Vollpensionsgäste gab es morgens, mittags und abends Buffet. Die Auswahl war in unseren Augen vorzüglich. Sie reichte von leckerer Pasta, über Fleisch- und frische Fischgerichte hin zu vielfältigen Salat- und Antipasti-Variationen. Zum Nachtisch lockten schmackhaftes Eis, mehrerlei Käsesorten sowie verschiedenste Kuchen und süße Schweinereien wie Tiramisu oder Panna Cotta. Kurzum eine wahre Gaumenfreude und für Leute, die während des Urlaubs auf ihre Figur schauen wollen, nicht geeignet. Für Familien mit Kindern dagegen ideal. Keine langen Wartezeiten und Essen, das auch zu Hause bei vielen ganz oben auf der Beliebtheitsskala stehen dürfte. Besser geht’s nicht.
Besonders angenehm: Alle Getränke von Wasser bis Wein gab es ohne Aufpreis zum Selberzapfen. Auch das Nachfüllen von Wasserflaschen war inklusive, was nicht selbstverständlich ist. Wir waren so auch jeden Tag am Strand mit Getränken versorgt.
Auch sonst konnte das Riz punkten. Für Familien wurden kostenlos Buggys und Babyphones zur Verfügung gestellt. Letzteres rettete uns die Abende an der Poolbar, da unser eigenes kläglich den Dienst versagte. Umsonst gab es auch Fahrräder mit Kindersitzen auszuleihen, ein Service, von dem wir oft Gebrauch machten, um zum Hafen zu gelangen, der eine knappe halbe Stunde Fußmarsch entfernt lag.
In der neuen Villa Riz, in direkt neben dem Hauptgebäude lag, hatte man zudem einen Kinderraum eingerichtet, in dem die Kleinen nach Herzenslust malen und spielen konnten. Die Kinderanimation bekamen wir aufgrund der Nachsaison nicht mehr zu sehen ebenso das Kinderbuffet, das eine Dreiviertelstunde vor dem eigentlichen Abendessen (19.15) beginnen sollte. Für uns war das aber kein Problem. Keinen Gebrauch machten wir außerdem vom Wellnessbereich auf der Dachterrasse oberhalb des fünften Stockwerks.
Wenn es etwas zu kritisieren gab, dann war das der Pool. Klein, dass er er bei wenigen Badenden schon aus den Nähten zu platzen drohte, teils zeigte er deutliche Gebrauchsspuren. Uns störte das nicht, da wir mit dem Meer bestens bedient waren.
Apropos Meer: Am Strand bestätigte sich das, was ich erwartet hatte. Kilometerlang reihte sich ein Bagno an das nächste. Der Strand war vollgestellt mit Liegen, die bis wenige Meter vor das Wasser reichten. Wer dort wie wir seinen Platz hatte, konnte den Italiniern bei ihrem Volkssport zusehen, dem Strandspaziergang. Kein Wunder, lud der kilometerlange Sandstrand geradezu dazu ein.
Davor das Meer, fast bewegungslos schien das Wasser, was unter anderem an den vorgelagerten Wellenbrechern lag. Wer schwimmen wollte, musste erste einmal eine kleine Wanderung absolvieren, um in den tieferen Bereich der Badewanne zu kommen.
Nachdem sich mein erster Schock gelegt hatte, begann ich die positiven Seiten zu sehen. Derer gab es tatsächlich einige:
- Beide Liegen plus Sonnenschirm samt unseren eigenen zwei Quadratmtern im Bagno Zara kosteten uns nichts. Service des Hotels und nicht zu verachten angesichts der Preise, die die Betreiber ansonsten dafür aufrufen.
- Nachsaison sei Dank: Viele Liegen standen leer, die Anzahl der Urlauber hielten sich in akzeptablen Grenzen, was die Anzahl der Liegen nicht mehr ganz so schlimm machte. Im August dürfte das anders aussehen.
- Jedes Bagno schien die anderen übertreffen zu wollen, um die Herzen der Kinder zu erobern. Ob Piratenschiff, Kletterturm, Rutschen, Schaukeln oder Karussells: Für Kinder musste es wie das Paradies auf Erden sein. Dominik war in all den Tagen jedenfalls kaum von seinem Polizeimotorrad und den anderen Attraktionen unseres wegzubringen. Für Ältere lockten Beachvolleyball-Feld, Tischtennis-Platte und Boccia-Fläche.
- Toiletten, Umkleiden, eigene Abteile für das mitgebrachte Spielzeug, Kaffee-Bar, Wifi: die Bagnos boten Annehmlichkeiten, die an freien Stränden oft fehlen.
- Wellenloses, flaches Wasser: Was für Erwachsene wenig Spannung bietet, eröffnet kleinen Kindern viele Möglichkeiten. Unser Sohn jedenfalls konnte gefahrlos Wasser für seine Mühle holen, ohne dass der Papa jedes Mal helfen musste. Und auch das Plantschen ist einfacher, wenn man selbst noch stehen kann.
Die ersten Tage am Strand vergingen daher wie im Flug. Erst als das Wetter schlechter wurde, hieß es für uns aus der neuen Routine auszubrechen. An drei Tagen setzten wir uns ins Auto und statteten San Marino, Ravenna und Cesena einen Besuch ab. Alle drei, vor allem der Stadtstaat San Marino, dessen Altstadt auf einem Hügel liegt und imposante Blicke ins Hinterland und auf die Küste bietet, sind dank ihrer typisch italienischen Altstädte ein lohnendes Ausflugsziel. Shoppingbegeisterte kommen in den vielen Boutiquen auf ihre Kosten.
Natürlich nahmen wir auch den Ort genauer unter die Lupe, in dem wir für neun Tage unsere Zelte aufgeschlagen hatten. Besonders hatte uns der Kanal angetan, den einst Leonardo da Vinci ersonn. Der Hafen ist das Zentrum Cesenaticos, hier spielt sich allabend das meiste Leben ab. Geschäfte entlang des Kanals locken zum Einkaufsbummel, Restaurants laden vor einer romantischen Kulisse zum Essen ein. Auf dem Wasser bieten historische Segelboote, die an manchen Tagen ihre Segel hissen, einen wundervollen Anblick.
Aber es gibt auch noch eine andere Seite des Badeorts, eine, durch die man sich plötzlich um Jahrzehnte zurückversetzt fühlt. Fährt man nördlich des Kanals weiter entlang der Uferpromenade, stößt man bald auf verfallene Hotelruinen. Riesige Gebäudekomplexe, die die Natur gerade zurückerobert, reihen sich aneinander, Zeugen aus einer früheren Epoche des Italien-Tourismus. Sie vesprühen einen morbiden Charme, man ist versucht, sich vorzustellen, wie hier einst das Leben pulsierte, ehe es nach Süden weiterzog. Eine Entdeckungstour, die nachdenklich macht.
Ein Gedanke zu „Neun Tage Cesenatico – Familienurlaub im Hotel Riz“